NACH STIEPEL

Die Erholung der Wirtschaft beflügelte den lang diskutierten Plan, von der Henrichshütte eine Verbindung in die zum Landkreis Hattingen gehörende Gemeinde Stiepel herzustellen – mit einem Streckenast zur Zeche Carl-Friedrich an der Gemeindegrenze nach Weitmar und einem Streckenast zum beliebten Ausflugslokal „Zur schönen Aussicht“.

In den politischen Gremien der Gemeinde Stiepel gab es dazu bereits 1911 erste Initiativen. Nachdem zunächst eine Linienführung über die Brückstraße (Am Vahrenholt) zur Kosterbrücke favorisiert wurde, reifte im September 1913 der Plan, die Finkenstraße (1929 umbenannt in Kosterstraße) für den Bau der Straßenbahn neu anzulegen.

Im Juli 1914 wurde das Projekt in der Gemeindevertretung beschlossen. Der Krieg verhinderte eine zügige Umsetzung. Im Mai 1922 konnten erste Rodungsarbeiten für die Trasse der neuen Finkenstraße angegangen werden. Die Inflation und die Besetzung Hattingens durch französische Besatzungstruppen am 15. Januar 1923 führten dann jedoch erneut zur Einstellung der Arbeiten.

Hattingen, Welper und Stiepel mussten somit weiter auf die Straßenbahn warten. Erst Anfang 1926 wurde zwischen Welper und Stiepel mit dem Bau der Strecke begonnen.

Nicht ganz so viel Geduld hatten die Retuscheure des Postkartenverlages Max Biegel aus Elberfeld. Auf einer 1925 gedruckten Postkarte fügten sie die Kleinbahngleise kurzerhand manuell hinzu.

Ausgangspunkt der neuen Strecke war die Haltestelle an der Henrichshütte in Welper. Auf ihrem Weg über die damalige Bruchstraße zur Kosterbrücke kreuzte die neue Straßenbahntrasse mittels einer Straßenunterführung die Bahnstrecke von Welper nach Blankenstein. Auf dem gesamten Streckenstück bis zur Kosterbrücke lag das Gleis auf der nördlichen Straßenseite.

Der zuvor namenlose Weg von Hattingen zur Ruhr hatte den Namen Bruchstraße am 5. Juni 1912 durch einen Beschluss der Gemeinde Welper erhalten. Später bürgerte sich in Abgrenzung der Bruchstraße in der Hattinger Südstadt die Bezeichnung „Brucherstraße“ ein. Diese wurde ab den 1930er-Jahren auch in offiziellen Straßenplänen verwendet. Am 28. Februar 1980 beschloss die Hattinger Stadtverordnetenversammlung, die Brucherstraße in Welper umzubenennen, da es nach wie vor Verwechselungen mit der Bruchstraße gab. Seither ist die Brucherstraße in Welper ein Teil der Hüttenstraße, deren Hattinger Abschnitt bereits 1906 nach der Henrichshütte benannt worden war.

In Höhe des Gasthauses „An der Kost“ wurde die Kosterbrücke erreicht. Auf der Nordseite der Brücke führte die Strecke weiter auf der linken, westlichen Straßenseite bis in das Zentrum von Stiepel.

Das Beitragsbild aus der Sammlung des Bochumer Stadtarchivs (Bochumer Zentrum für Zeitgeschichte) wurde nach der Einführung des Gemeinschaftsverkehrs der Hattinger Kreisbahnen und der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG, der im nächsten Kapitel beschrieben wird, aufgenommen. Es entstand in Höhe des Friedhofes in der Wiemelhauser Straße. Der auf der Linie II eingesetzte Triebwagen gehört zu einer 1927 direkt an die Hattinger Kreisbahnen gelieferten Kleinserie (Triebwagen 10 oder 11 – erkennbar am Tonnendach).

Die nachfolgende Postkarte zeigt das Gasthaus an der Kosterbrücke im Jahr 1958. Seit der Eröffnung der Straßenbahnstrecke hatte sich an dieser Stelle Anfang der 1960er-Jahre noch kaum etwas verändert (Verlag Max Biegel, Wuppertal – Sammlung Ludwig Schönefeld).