Nach der Wiederaufnahme der Bauarbeiten ging es schnell: Am 6. Dezember 1926 waren erste Probefahrten möglich, am 18. Dezember 1926 konnten die Strecke von Welper zum Gemeindehaus Stiepel mit einem Abzweig zur Zeche Carl-Friedrich und einem Abzweig nach „Frische“ in Betrieb genommen werden. Das Netz der Hattinger Kreisbahnen wuchs damit um 7,54 Kilometer.
Zwischen Welper und Stiepel wies die eingleisige Strecke anfangs nur einen Kreuzungspunkt auf: die Ausweiche „Brockhausen“ in Höhe der Gaststätte „Stiepeler Hof“ in Hofstiepel. Auf dem Teilstück zwischen dem Gemeindehaus und der Endstelle „Frische“ lag die Ausweiche „Am Sehrbruch“, zwischen dem Gemeindehaus und der Zeche Carl-Friedrich befand sich in der heutigen Kemnader Straße die Ausweiche „Brüderstraße“ (etwa in Höhe der Einmündung der heutigen Straße „Im Haarmannsbusch“).
Über ein Gleisdreieck war die von Welper kommende Strecke am Gemeindehaus in Stiepel mit den Streckenästen nach Weitmar und Stiepel „Frische“ verbunden. Der Abzweig aus Richtung Welper nach „Frische“ wurde gleichwohl nur für Betriebsfahrten sowie von aus- und einfahrenden Wagen genutzt. An der Endstelle „Frische“ soll sich ursprünglich eine Weiche sowie Abstellgleis befunden haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es hier nur noch eine eingleisige Stumpfendstelle.
AB BOCHUM HAUPTBAHNHOF
Der Bezugspunkt für die Linienbezeichnungen war die Endstelle am Bochumer Hauptbahnhof: Als Linie II fuhren die Wagen der Hattinger Kreisbahnen von dort über Wiemelhausen, Weitmar, Stiepel und Welper zur Endstelle „Roonstraße“ in Hattingen. Dort hatte man zuvor eine Ausweiche angelegt, um eine Behinderung der von Hattingen und Blankenstein fahrenden Linie I durch die wendenden Wagen der Linie II zu vermeiden. Unter der Bezeichnung III fuhren die Wagen der Hattinger Kreisbahnen vom Bochumer Hauptbahnhof zur Endstelle „Frische“ in Stiepel.
Leider wurde in den 1920er-Jahren selten fotografiert. So ist das vom Biergarten des Gasthauses „An der Kost“ aus aufgenommene Beitragsbild das bislang einzige Bilddokument, das einen Triebwagen der Hattinger Kreisbahnen in der ersten Betriebsphase auf der Kosterbrücke zeigt (Stadt Bochum, Presseamt).
ZUR SCHÖNEN AUSSICHT
„Frische“, eine Gaststätte auf der Anhöhe zwischen Bochum und dem Ruhrtal, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts das soziale und gesellschaftliche Zentrum in Stiepel. Die 1857 von Friedrich Frische gegründete „Restauration zur schönen Aussicht“, kurz „Frische“, diente den Bochumer und Hattinger Bürgern als Ausflugslokal. Zugleich war die Gaststätte das Stammlokal zahlreicher Vereine. Darüber hinaus beherbergte sie eine Postagentur.
1935 gab die Familie Frische das Lokal auf. Bis zur endgültigen Schließung der Gaststätte wechselten mehrfach die Besitzer des Anwesens und die Gastronomen. Um 1970 wurde das Gebäude zum Wohnhaus umgebaut. 1976/77 folgte der Abbruch.
Im Rückblick war das Geschäftsjahr 1926/27 eines der besten Jahre der Hattinger Kreisbahnen. Das Unternehmen beschäftigte 61 Mitarbeitende. Die Zahl der beförderten Personen wird im Geschäftsbericht mit 1,47 Millionen angegeben.
Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG übernahm über die gesamte Betriebsdauer der Straßenbahnstrecke nach Stiepel für die Endstelle die Bezeichnung „Frische“. Als Bushaltestelle blieb die Bezeichnung bis 1978 erhalten. Seither heißt die traditionsreiche Haltestelle „Haarholzer Straße“.