FAHRGÄSTE UND TARIFE

Rund ein Drittel der Fahrgeldeinnahmen erzielten die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen vor dem Ersten Weltkrieg im Berufsverkehr. Die Linie 8 wurde insbesondere von Mitarbeitenden der metallverarbeitenden Betriebe in Linden und Dahlhausen sowie von Beschäftigten der Henrichshütte genutzt.

Darüber hinaus lag die Steinkohlenzeche „Friedlicher Nachbar“ in Linden im Einzugsbereich der Strecke. Anders als Industriearbeiter wohnten Bergleute überwiegend in direkter Nachbarschaft der Bergwerke. Sie waren nicht auf die Straßenbahn angewiesen.

Sonderwagen für Arbeiter wurden nicht eingesetzt. Stattdessen sorgte die Straßenbahn auf den stark frequentierten Linien für ein ausreichendes Fahrtenangebot: Auf der Strecke von Bochum nach Hattingen wurden täglich 150 Fahrten angeboten, auf dem Teilstück von Linden nach Dahlhausen waren es immerhin 90 Fahrten.

Der bis zum Ersten Weltkrieg gültige Tarif war ein sogenannter „Zonentarif“. Eine Zone entsprach durchschnittlich einer Haltestellendistanz von 1,15 Kilometer und kostete 5 Pfennig. Die Fahrscheinpreise stiegen in 5-Pfennig-Schritten bis zur höchsten Preisstufe für 50 Pfennig.

Die detailliertesten Daten zur Fahrgastfrequenz sowie zu den verkauften Fahrscheinen liegen für das Jahr 1907 vor. Sie wurden damals von Ferdinand Schöningh für seine Promotion über die Kleinbahnen im rheinisch-westfälischen Kohlenrevier erhoben.

NUMMER 2 IM NETZ


Mit 2.331.254 beförderten Personen war die Verbindung von Bochum nach Hattingen die zweitstärkste Verbindung im Netz. Spitzenreiter war die Linie von Gelsenkirchen-Schalke nach Wattenscheid mit 2.600.252 Fahrgästen. Am häufigsten wurden Fahrscheine für 10 Pfennig verkauft. Das entsprach einer durchschnittlichen Haltestellendistanz von 2,25 Kilometern. Gemessen wurde jeweils von der Einstieghaltestelle.

Für Dauerfahrgäste und Schüler gab es Schüler- und Zeitkarten. Für das einen Monat gültige Abonnement zahlten Schüler 3,50 Mark für die 10-Pfennig-Distanz. Der Preis für Dauerfahrgäste lag 1907 bei 6,20 Mark. Das lohnte sich bei mehr als drei Fahrten pro Tag.

Die Fahrscheine selbst waren vergleichsweise groß und unübersichtlich. Nur so war es möglich, auf jedem Fahrschein das gesamte Liniennetz so abzubilden, dass die Schaffner die gelöste Distanz mit der Zange „lochen“ konnten.

Der nachfolgend gezeigte, 1914 ausgegebene 10-Pfennig-Fahrschein für das Bochumer Netz war 11,8 cm hoch und 7,8 cm breit. Am unteren Bildrand ist die Endstelle „Hattingen Post“ zu erkennen. Um den Schaffnern die Arbeit zu erleichtern, wurden häufig frequentierte 10-Pfennig-Strecken separat ausgewiesen (Sammlung Wolfgang Hilger / Sammlung Ludwig Schönefeld).

Bitte klicken Sie das Bild an, um eine größere Darstellung des Fahrscheins zu sehen!

Auf der als Beitragsbild gezeigten Postkarte (Verlag Wilhelm Fülle, Barmen – Sammlung Hans-Dieter Pöppe), warten Passanten und Fahrgäste zwischen dem Kreishaus und der Haltestelle am Bahnhof auf die Abfahrt der Straßenbahn. Triebwagen 156 gehört zu den 1908 ausgelieferten Weyer-Triebwagen. Das Motiv könnte gut in der Fahrplanperiode 1912/13 entstanden sein, als nur die Linie 2 auf der Relation von Hattingen nach Bochum verkehrte.