KULT-LINIE

Die Fahrt mit der Straßenbahn von Bochum nach Blankenstein faszinierte Straßenbahnfreunde aus ganz Deutschland. Auf kaum einer anderen Verbindung im Ruhrgebiet konnte man so viele Facetten des Ruhrgebiets erleben. Einer von ihnen war Dieter Höltge.

Im April 1966 besuchte der Straßenbahnfreund und Autor der Buchreihe „Deutsche Straßen- und Stadtbahnen“ das Netz der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG. An zwei Tagen kam er dabei nach Hattingen. Ich freue mich sehr, dass ich seine unwiederholbaren Fotos hier als Bildfolge zeigen kann.

Die Fototour begann in der modernen, von Nachkriegsbauten geprägten Bochumer Stadtmitte. Aus Recklinghausen kommend benötigte die Linie 8 rund 30 Minuten für die Fahrt vom Bochumer Schauspielhaus durch den Stadtteil Weitmar zum Abzweig in Bochum-Linden.

Hinter Linden wurde die Strecke eingleisig. Die Linie 8 passierte hier eine für das Ruhrgebiet recht typische Mischbebauung aus alten Fachwerk-Kotten, Wohnhäusern aus der Vorkriegszeit sowie aus den 1950er- und 1960er-Jahren und kleinen Industriebetrieben.

Die Stadt Bochum hatte in diesen Teil der Hattinger Straße wenig investiert. Die ganze Szenerie hatte den Charme einer in die Jahre gekommenen Überlandstraßenbahn.

Hinter der Stadtgrenze von Hattingen wurden Straße und Straßenbahntrasse wieder deutlich moderner: Noch vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Hattingen den Ausbau der Bochumer Straße vorangetrieben.

Über die Ruhrbrücke und die anschließende, großzügig ausgebaute Bahnhofstrasse erreichte die Linie 8 die Brücke über die Eisenbahn am Hattinger Bahnhof: In den 1960er-Jahren konnte man hier den schweren Eisenbahngüterverkehr der Henrichshütte sowie Personenzüge auf der Strecke nach Witten und weiter nach Hagen beobachten.

Hinter der zentralen Umsteige-Haltestelle „Hattingen Reschop“, die wir hier als Beitragsbild sehen, fanden die Fotografen dann das spannendste Fotomotiv: Die Streckenführung durch die Hattinger Altstadt. Hier ging es steil und eng zu. Fußgänger, Autofahrer und Straßenbahner mussten viel Rücksicht aufeinander nehmen, um kritische Verkehrssituationen zu vermeiden.

Für eine beeindruckende Ruhrgebiets-Szenerie sorgten nach etwa einem Kilometer die weitläufigen Anlagen der Henrichshütte. Dennoch gibt es nur wenige Fotos, auf denen die Hochöfen der Hütte zusammen mit der Straßenbahn festgehalten wurden – obwohl es im Verlauf der Hüttenstraße spannende Motive gegeben hätte.

Grund dafür war, dass die meisten Straßenbahnfreunde die Straßenbahn mit dem PKW begleiteten. Wie sonst hätten sie es mit einem begrenzten Zeitbudget geschafft, die Straßenbahn an möglichst vielen Stellen zu fotografieren.

Nach den großzügig angelegten Siedlungen in Welper war die enge Durchfahrt durch den historisch gewachsenen Ortskern von Blankenstein der Höhepunkt des Besuchs in Hattingen. Vor allem die Einfahrt der Straßenbahn von der Endstelle am Amtshaus in Blankenstein in die Hauptstraße wurde von unzähligen Straßenbahnfreunden im Bild festgehalten.

  • Dieter Höltges Streifzug durch Hattingen beginnt 1966 an der Stadtgrenze nach Bochum.
    Foto Dieter Höltge - Sammlung Stefan Höltge