RÖMISCH II UND III

Der alleinige Betrieb der Straßenbahnlinien in Stiepel durch die Hattinger Kreisbahnen war nicht von langer Dauer: Der im Mai 1920 gegründete Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR) hatte den Anspruch, die Verkehrsunternehmen im Ruhrgebiet im Interesse einer langfristigen Regionalplanung zu verpflichten, den öffentlichen Personennahverkehr gemeinsam zu betreiben.

Das lief 1927 darauf hinaus, dass der Landkreis Hattingen gezwungen wurde, die Linie nach Stiepel an der Zeche Carl-Friedrich mit der Bochumer Linie 3 zusammenzulegen. Die Wagen der Hattinger Kreisbahnen nutzten fortan in der Regel die „römischen“ Liniensignale II und III, die der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen die „arabische“ Ziffer 3.

UNFREIWILLIG GEMEINSAM

Vom 5. April 1928 an fuhren die Gesellschaften gemeinsam auf den Strecken Hattingen Roonstraße – Welper Henrichshütte – Stiepel – Zeche Carl-Friedrich – Bochum Nordbahnhof (Linie 3 / III) und Stiepel / „Frische“ – Zeche Carl-Friedrich – Bochum Nordbahnhof (Linie II).

Die Wagen für den Gemeinschaftsverkehr von Bochum Nordbahnhof nach „Frische“ wurden zumeist durch die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG gestellt. Die Verbindung nach Welper wurde bevorzugt mit Wagen der Hattinger Kreisbahnen bedient.

Für den auf der Linie 3/III nunmehr eingeführten 10-Minuten-Takt wurden zwischen Welper und Stiepel zwei weitere Ausweichen benötigt. Im Juni 1927 wurden die entsprechenden Pläne erstellt. Mit dem Inkrafttreten des Winterfahrplans 1927/28 waren die neuen Ausweichen „An der Kost“ auf der Südseite der Kosterbrücke und „Finkenstraße“ in Höhe der Einmündung der heutigen Von-Dücker-Straße verfügbar. 1929 wurde die Finkenstraße im Zusammenhang mit der Eingemeindung von Stiepel nach Bochum in Kosterstraße umbenannt. Die Ausweiche „Finkenstraße“ erhielt jetzt die Gemarkungsbezeichnung „Am Hengstenberg“.

SELTENE BILDDOKUMENTE

Fotos von den Triebwagen der Hattinger Kreisbahnen sind sehr selten. So ist die hier als Beitragsbild gezeigte, in einer Hattinger Privatsammlung erhalten gebliebene Aufnahme von Triebwagen 3 am Bochumer Nordbahnhof eine große Rarität.

Gelegentlich nutzten die von der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG eingesetzten Kurse auch die römische Ziffer III als Liniensignal. Das belegt das nachfolgende Bild aus dem Jahr 1928. Es zeigt den 1926 von der Mainzer Waggonfabrik Gastell gebauten Triebwagen 521, ebenfalls vor dem Bochumer Nordbahnhof (Sammlung Verkehrshistorische Arbeitsgemeinschaft BOGESTRA e. V.).

Der Wagen ist für das Fahrtziel „Stiepel – Hattingen“ ausgeschildert. Interessant ist hier nicht nur die Linienangabe mit der „römischen“ Ziffer III, sondern auch das Vorsteckschild „Anschluss nach Stiepel – Frische – Blankenstein“.

Das Vorsteckschild deutet darauf hin, dass das Foto an einem Sonn- oder Feiertag aufgenommen wurde: Vor allem im Sommer gab es an den Wochenenden einen starken Ausflugsverkehr von Bochum nach Stiepel und an die Ruhr. An besonders verkehrsreichen Tagen wurden zwischen dem Gemeindehaus und „Frische“ zusätzliche Pendelwagen eingesetzt.

Das abschließende Foto zeigt einen als Linie 3 ausgeschilderten Triebwagen am Bahnhof Bochum-Nord. Hinter dem Linienwagen steht ein vermutlich als Arbeitswagen eingesetzter Weyer-Triebwagen. Die Reproduktion der seltenen Postkarte verdanke ich den Bochumer Eisenbahnfilmern Rolf und Achim Schlafke.