BOGESTRA AB 1950

VERBANDSTYPEN

Parallel zu den Neubeschaffungen der frühen Nachkriegsjahre wurden auf den Fahrgestellen kriegszerstörter Fahrzeuge in der Werkstatt der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG Ein- und Zweirichtungswagen (verschiedene Nummern) sowie fünf Gelenkwagen mit „schwebendem Mittelteil“ (Triebwagen 256 bis 260) nach Plänen des Verbandes öffentlicher Verkehrsbetriebe gebaut.

Auch eine kleine Neubauserie (Triebwagen 181 bis 185 und Beiwagen 337 bis 340) entstand nach diesen Zeichnungen.

In Hattingen waren von diesen Fahrzeugen nur die Zweirichtungswagen zu sehen. Für den Einsatz von Einrichtungswagen wäre der Bau von Wendeschleifen an den Endstellen notwendig gewesen. Dafür gab es aber im Hattinger Netz nicht den notwendigen Platz.

STANDARDWAGEN TYP „BOCHUM“

1957 führte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG den sechsachsigen Düwag-Gelenktriebwagen in Zweirichtungsbauart Typ „Bochum“ ein.

Der Typ „Bochum“ war Mitte der 1950er-Jahre die modernste Fahrzeugentwicklung im Portfolio der Düsseldorfer Waggonfabrik (Düwag). In die Konstruktion des 20,1 Meter langen Zweirichtungswagen waren die umfangreichen Erfahrungen eingeflossen, die der Hersteller und die Verkehrsbetriebe mit vierachsigen Großraumwagen und sechsachsigen Einrichtungswagen seit 1950 gesammelt hatte. Der Durchbruch zum Bau größerer Straßenbahnwagen gelang insbesondere mit dem für die Einrichtungwagen entwickelten Gelenkdrehgestell in der Fahrzeugmitte.

Im Lastenheft des Typs „Bochum“ stand insbesondere eine vielseitige Verwendbarkeit auf gemischten Stadt- und Überlandstrecken. Diese gab es im Bochumer Straßenbahnnetz sehr häufig. Gegenüber der zuvor üblichen Betriebsabwicklung mit Trieb- und Beiwagen konnte das komplizierte Umsetzen an den Endstellen ebenso entfallen wie der Schaffner im Beiwagen. Mit 44 Sitz- und 133 Stehplätzen waren die neuen Triebwagen am Ende dank der Stehplätze sogar etwas leistungsfähiger als ein Zug aus Trieb- und Beiwagen mit maximal 44 Sitzplätzen und 86 Stehplätzen.

Die 1957 ausgelieferte, erste Fahrzeugserie des Typs „Bochum“ erhielt die Nummer 261 bis 282. 1958 folgten die Triebwagen 283 bis 293. Die Triebwagen 261 bis 273 hatten jeweils zwei Drehgestellmotore mit einer Leistung von 100 Kilowatt erhalten. Die Triebwagen 274 bis 293 waren mit 94 Kilowatt nur minimal geringer motorisiert. Die zwei Antriebe pro Triebwagen wirkten auf jeweils zwei Achsen: Gegenüber den von zwei Motoren mit jeweils 60 Kilowatt Leistung angetriebenen Zweiachsern war das ein gewaltiger Fortschritt, der später höhere Fahrgeschwindigkeiten und kürzere Fahrzeiten zuließ.

Die Premiere feierten die Zweirichtungswagen auf der Linie 8. Später kamen sie auch auf anderen Linien zum Einsatz. 1979 wurden sie in Hattingen von den Stadtbahnwagen des Typs M abgelöst.

M-WAGEN

Mit dem von DUEWAG und Siemens in enger Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben im Ruhrgebiet entwickelten Stadtbahnwagen Typ „M“ kam 1976/77 erneut eine neue Straßenbahngeneration bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG zum Einsatz. 33 Triebwagen wurden 1976/77 mit Siematic-Steuerung geliefert, 22 weitere 1982 mit einer Chopper-Steuerung.

Mit der Eröffnung des Stadtbahn-Vorlaufbetriebes am 27. Mai 1979 wurden auf der Linie 8 nur noch „M-Wagen“ eingesetzt. Zwar wurden auch einige der „GT 6“-Triebwagen mit den für den Tunnelbetrieb notwendigen Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Diese kamen jedoch in der Hauptsache im Gelsenkirchener Netz zum Einsatz. So kehrte der „GT 6“ nur noch im Rahmen von Fahrschulfahrten und Sondereinsätzen nach Hattingen zurück.

NIEDERFLUR UND VARIOBAHN

Auf die M-Wagen folgten in den Jahren 1992 bis 1994 die von DUEWAG und Siemens entwickelten Niederflurwagen des Typs NF6D. Für sie wurden zahlreiche Haltestellen umgebaut, um den Fahrgästen einen Einstieg ohne Trittstufen zu ermöglichen.

Auf der Linie 308 sah man den NF6D über viele Jahre, mitunter auf dem Bochumer Netz sogar in Doppeltraktion bei Fußballspielen im Ruhr-Stadion. Die störungsanfälligen Einzelradfahrwerke dieses Fahrzeugtyps führten jedoch zu einem frühen Verkauf.

Die jüngste und aktuelle Fahrzeuggeneration in Hattingen sind die modernen Multigelenk-Niederflurwagen des Typs „Variobahn“ aus dem deutschen Montagewerk Pankow des Schweizer Fahrzeugherstellers Stadler. 30 Triebwagen der ersten Serie wurden zwischen 2008 und 2011 geliefert, eine zweite Serie von 15 Fahrzeugen folgte ab 2013. Ab 2016 erhielt die BOGESTRA die dritte, 42 Triebwagen umfassende Serie als Ersatz für die Niederflurwagen des Typs NF6D mit einer Option über acht weitere Fahrzeuge.

Nachdem ausreichend „Variobahnen“ zur Verfügung standen, begann die forcierte Abstellung der Niederflurwagen der ersten Generation. Sechs Fahrzeuge wurden verschrottet, ein Fahrzeug wurde als Ersatzteilspender nach Mülheim abgegeben. Die restlichen Fahrzeuge konnte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG zwischen 2017 und 2020 in mehreren Paketen vollständig an den Verkehrsbetrieb in Łódź verkaufen. Dort werden viele von ihnen nach einem technischen und optischen „Refit“ wohl noch einige Jahre im Einsatz bleiben.

Auch die zuverlässigen M-Wagen sind inzwischen vollständig ausgemustert. Fünf Triebwagen der ersten Serie konnten nach Łódź in Polen verkauft werden. Ein großer Teil der zweiten Serie gelangte zum Aufbau eines neuen Straßenbahnbetriebes nach Bursa in der Türkei. Triebwagen 340 wurde 2015 zu einem Schienenschleifwagen umgebaut. Triebwagen 332 bleibt in Bochum als Museumsfahrzeug der Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft (VhAG) betriebfähig erhalten.

Das im April 2002 von Wolfgang R. Reimann aufgenommene Beitragsbild zeigt den M6C-TW 354 und einen NF6D an der Endstelle in Hattingen Mitte. Über lange Zeit prägten diese Fahrzeugtypen das Erscheinungsbild der Straßenbahn in Hattingen.