Anfang der 1960er-Jahre nahm der Individualverkehr im Ruhrgebiet sprunghaft zu. Die hohen Löhne im Bergbau und in der Industrie ermöglichten vielen Menschen den Kauf eines eigenen Kraftfahrzeugs, die klassische Straßenbahn wurde mehr und mehr an den Rand gedrängt. Da gleichwohl absehbar war, dass es neben gut ausgebauten Straßen mittelfristig auch einen Bedarf für ein leistungsfähiges Nahverkehrsnetz gab, wurde eine Planungsgesellschaft für den Bau eines Stadtbahnnetzes an Rhein und Ruhr gegründet.
Die in Essen ansässige Gesellschaft erarbeitete zahlreihe Vorschläge für die Stadtbahn Rhein-Ruhr. Dazu gehörte auch der Bau einer Stadtbahnlinie von Weitmar zur Henrichshütte. Die ersten Planungsvorschläge sahen vor, die Stadtbahnstrecke zwischen der Kreuzung Munscheider Damm / Wuppertaler Straße in Bochum-Linden parallel zur Wuppertaler Straße zur Ruhrbrücke in Baak zu führen, um neben Linden auch das Neubaugebiet in Rauendahl anzuschließen. Im weiteren Verlauf sollte die Strecke parallel zur L 651 über die Ruhr nach „Hattingen Mitte“ und von dort um den historischen Stadtkern herum zur Henrichshütte geführt werden.
Der folgende Plan wurde am 15. November 1968 in der Hattinger Lokalausgabe der Ruhr Nachrichten veröffentlicht. Danach plante man die Endstelle der Hattinger Stadtbahnlinie im Bereich der heutigen Werkstraße.
BAUBEGINN IN BOCHUM UND HERNE
In Bochum und Herne wurden 1971 tatsächlich die Bauarbeiten für die Stadtbahn aufgenommen. In den Innenstädten sollte der Schienenverkehr durch Tunnel geführt werden, für die anfangs eine offene Bauweise favorisiert wurde. Am Schauspielhaus in Bochum wurde die Linie 8 / 18 beidseitig an der Baugrube vorbeigeführt. Um Platz für die diese Gleise zu schaffen, wurde sogar ein Teil der Meinolphuskirche abgetragen und nach Abschluss des Tunnelbaus wieder aufgebaut. Im weiteren Verlauf des Stadtbahnbaus kam ergänzend die an den bergmännischen Streckenvortrieb angelehnte Bochumer Tunnelbauweise zur Anwendung, bei der auf offene Baugruben verzichtet werden konnte.
In Herne wurde der Gemeinschaftsbetrieb Ende 1972 zwischen Schloß Strünkede und dem Bahnhof unterbrochen. Den Recklinghäuser Streckenast bediente jetzt nur noch die Vestische Straßenbahnen GmbH. Die Herner Bahnhofstraße wurde für mehrere Jahre zur Großbaustelle.
Am 26. Mai 1974 konnte die Linie 8 / 18 wieder von Bochum nach Recklinghausen durchgebunden werden – über eine Neubaustrecke in der Schul- und Vinckestraße. Die Bahnhofstraße blieb nach dem U-Bahn-Bau Fußgängerzone.
STAGNATION IN HATTINGEN
Während die Stadtbahn in Bochum gebaut wurde, stagnierten die Stadtbahnpläne in Hattingen. Vom Stadtbahnbau blieb – wie im folgenden Kapitel beschrieben – allein der Bau einer neuen Ruhrbrücke sowie die Neubaustrecke von der Bochumer Straße über parallel zur Martin-Luther-Straße (L 651) bis Hattingen Mitte. Der einst geplante Anschluss der Henrichshütte wurde nicht mehr angegangen.
BERGMANNSHEIL – RUHRSTADION
Mit der Eröffnung des ersten Bochumer Stadtbahntunnels am 27. Mai 1979 wurde die von Hattingen kommende Linie 8 in Bochum zur U-Bahn: Von der Rampe Bergmannsheil aus fuhren die Züge nunmehr unterirdisch auf 1,6 Kilometern Strecke zum Bochumer Hauptbahnhof.
Die zuletzt 28 Kilometer lange Verbindung von Hattingen nach Recklinghausen – sie war die längste umsteigefreie Straßenbahnverbindung im Ruhrgebiet – war damit Geschichte.
Die ab jetzt auf der Linie 8 eingesetzten Stadtbahnwagen des Typs „M“ boten im Vergleich zu den zuvor eingesetzten deutlich mehr Komfort: Statt der harten Sitzschalen aus Verbundkunststoff gab es jetzt gepolsterte Kunstledersitze.
Am 28. November 1981 konnte auch das zweite Teilstück des U-Bahn-Tunnels in Bochum, zwischen dem Hauptbahnhof und der Rampe Ruhrstadion, in Betrieb genommen werden. Seither verkehrt die Linie 308 umsteigefrei zwischen Hattingen und Bochum-Gerthe.
NIEDERFLUR
Ab 1992 wurden nach der Premiere auf der Linie 302 auch auf den Linien 308 und 318 moderne Niederflurwagen des Typs NF6D eingesetzt. Bei der Programmierung der Zielanzeigen hatte man das Fahrtziel „Hattingen Reschop“ mit Blick auf die bevorstehende Verlagerung der Endstelle bereits nicht mehr programmiert. Aus diesem Grund waren die Niederflurwagen mit dem Fahrtziel „Hattingen Mitte“ auch noch an der alten Endstelle anzutreffen. Dies dokumentiert das am 20. November 1993 aufgenommene Beitragsbild (Foto Ludwig Schönefeld).