Die Geschichte von Hattingen geht auf einen ehemaligen Reichshof zurück. Er befand sich auf den weitläufigen Flussterrassen der Ruhr zwischen dem Bergischen Land im Süden und dem nach Norden hin wieder leicht ansteigenden Gelände der heutigen Stadt Bochum.
Um 990 wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt. 1396 wurde der Altstadtbereich befestigt. Der frühe Abbau von Kohle an den Ruhrhängen und die verkehrsgünstige Lage an der Ruhr beflügelte die Entwicklung der Stadt.
Für den weiteren Aufschwung im 19. Jahrhundert sorgte 1854 die Gründung einer Eisenhütte. Benannt wurde sie nach dem Grafen Henrich zu Stolte-Wernigerode (1772 – 1854). Der Unternehmer, dem bereits die Ilseder Hütte gehörte, hatte 1853 das ehemalige Rittergut Haus Bruch erworben, um auf dem weitläufigen Landbesitz im Ruhrtal einen weiteren Hüttenbetrieb zu bauen. Die noch vorhandenen, museal erhaltenen Gebäude und Anlagen tragen trotz wechselnder Besitzverhältnisse in der Vergangenheit bis heute den Namen „Henrichshütte“.
Einen guten Eindruck von der Lage der aufstrebenden Ruhrgebietsstadt vermitteln die nachfolgenden, um die Jahrhundertwende vom Hattinger Verlag C. Ringel verlegten Panoramakarten. Im ersten Motiv fällt der Blick von Beek über die Ruhr auf die Hattinger Altstadt. Das zweite Postkartenmotiv wurde in Höhe des heutigen Pilgerweges aufgenommen. Links sind die frisch gesetzten Bäume an der Grünstraße zu erkennen, rechts sehenn wir die Friedrichstraße (Sammlung Ludwig Schönefeld):
ANSCHLUSS AN DIE EISENBAHN
1869 wurden Hattingen und die Henrichshütte unter großer Anteilnahme der Bevölkerung an das Netz der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft angeschlossen. Die rund elf Kilometer lange Verbindung folgte von Steele über Dahlhausen dem Tal der Ruhr. Am 15. Dezember 1869 wurde die Strecke durch die Behörden abgenommen, am 28. Dezember 1869 wurde auf der mittleren Ruhrtalbahn der Personenverkehr aufgenommen.
Das bis heute erhaltene Bahnhofsgebäude konnte nach zweijähriger Bauzeit am 15. Februar 1870 eingeweiht werden.
Das Beitragsbild, ein vom Ausflugslokal Königstein aus aufgenommenes Postkartenmotiv, zeigt das Bahnhofsgelände Anfang der 1920er-Jahre (Verlag Wilhelm Hülle, Barmen – Sammlung Ludwig Schönefeld).
Am 1. Juni 1874 war auch die Weiterführung der Strecke von der Blockstelle Henrichshütte über Herbede und Bommern bis Vorhalle fertiggestellt. 1884 folgte eine Bahnverbindung nach Wuppertal.
An der Strecke nach Bommern lag der landschaftlich überaus reizvoll unterhalb der Burg Blankenstein gelegene Haltepunkt „Blankenstein“, den wir auf der folgenden Postkarte im Zustand von 1954 sehen (Verlag Cramers Kunstanstalt, Dortmund – Sammlung Ludwig Schönefeld).
Die Weiterführung der Bahnstrecke vom Haltepunkt Blankenstein über „Steinenhaus“ nach Herbede können wir links neben der Burganlage auf einem Foto erkennen, das 1908 vom Fotografenatelier Julligbert angefertigt wurde (Sammlung Ludwig Schönefeld). Am Horizont des Motivs befindet sich heute hoch über dem Ruhrtal die Talbrücke der A 43.
EISENBAHNKNOTEN
In den folgenden Jahren entwickelte sich Hattingen zu einem bedeutenden Bahnknoten im mittleren Ruhrtal. Um 1940 gab es neben den zwei Bahnsteiggleisen im sogenannten Nordbahnhof allein fünf Durchfahrtsgleise für den Güterverkehr. Der Südbahnhof verfügte ebenfalls über zwei Bahnsteiggleise und acht Durchfahrtsgleise für den Güterverkehr. Hinzu kamen weitere Gleise an der Freiladestraße des Südbahnhofes sowie eine Wagenwerkstatt mit sechs Abstellgleise auf der Nordseite. Letztere sehen wir links neben der Brücke auf dem Beitragsbild.
Für die Unterhaltung von Lokomotiven verfügte der Bahnhof Hattingen über ein recht großes Bahnbetriebswerk mit einem Ringlokschuppen. Die 15 Schuppengleise und die Kohlebühne wurden über eine Drehscheibe mit einem Durchmesser von 17,6 Metern erreicht.
RASANTER AUFSCHWUNG
Die Eröffnung der Eisenbahn begründete die in den folgenden Jahren einen rasanten Aufschwung von Hütte und Stadt. Nunmehr stand ein leistungsfähiger Transportweg zur Verfügung. Die aufwendigen Transporte von Rohstoffen und Hüttenprodukten mit schmalen und flachen Frachtboten über die Ruhr war nun nicht mehr notwendig.
Weitere 15 Jahre später, im August 1901 wurde als erste Nahverkehrsverbindung die Straßenbahnstrecke von Bochum über Linden nach Hattingen dem Betrieb übergeben.
Die nachfolgende Karte zeigt die Gemeinden des Amtes Hattingen um 1910 (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Ludwig Schönefeld). Sie kann für die Texte in den weiteren Kapiteln dieser Website als Orientierung dienen.
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